Kündigung wegen Totalsanierung

  • Augen und Ohren offen halten
  • Vorübergehenden Umzug anbieten
  • Gemeinsam ist man stärker

Totalsanierung – nur ein Vorwand für höhere Mietzinsen nach Neuvermietung?

Sanierungen wirbeln viel Staub auf, oft erhalten alle Mieter*innen eine Kündigung. Dass Widerstand in diesem Fall nicht immer zwecklos ist, zeigen diese Tipps:

Renovationen, bei welchen Mieter*innen in den Wohnungen bleiben können, kommen vor. Vielfach sind aber so umfassende Sanierungen nötig, dass ein Verbleib der Mietenden in den Wohnungen nicht möglich erscheint – das ist zumindest vielfach die Ansicht der Verantwortlichen. Ob das objektiv betrachtet tatsächlich der Fall ist oder ob es eher darum geht, nach der Sanierung mit der Neuvermietung höhere Mietzinse einzustreichen, muss im Einzelfall geprüft werden.

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Vor der Kündigung: Ohren offen halten

Seriöse Vermieter*innen informieren ihre Mieter*innen rechtzeitig über eine geplante Sanierung, deren Durchführung und über die Konsequenzen, mit denen die Bewohner*innen rechnen müssen. Erhalten Mieter*innen tatsächlich eine solche Mitteilung oder erfahren sie auf anderem Weg, dass ihre Liegenschaft saniert und deshalb leergekündigt wird, sind die juristischen Verteidigungsmittel dagegen noch bescheiden. In diesem Stadium können Mieter*innen allenfalls Korrekturen am Sanierungsvorhaben mittels einer Einsprache gegen das Baugesuch erwirken. Sind alle Bauvorschriften eingehalten, sind die Erfolgsaussichten einer Baueinsprache allerdings unsicher.

Vorübergehenden Umzug anbieten

Gemäss dem Bundesgericht ist eine Kündigung wegen einer Sanierung dann missbräuchlich, wenn Mieter*innen der Vermieterschaft einen vorübergehenden Auszug aus der Wohnung anbieten. In diesem Fall werden die Renovationsarbeiten nämlich nicht durch die Anwesenheit der Mietenden behindert. Die Kündigung wäre aus dem Grund missbräuchlich, dass ein schutzwürdiges Kündigungsinteresse fehlt. Sie sollten deshalb ihrer Vermieterin möglichst schnell und unbedingt noch vor der Kündigung schriftlich anbieten, während der Sanierung anderswo unterzuschlüpfen, um danach die eigene, renovierte Wohnung wieder beziehen zu können. Dies natürlich nur, sofern auch tatsächlich eine Ausweichmöglichkeit besteht.

Gemeinsam ist man stärker

Kündigt die Vermieterschaft eine Sanierung an, haben Mieter*innen bessere Chancen, wenn sie Korrekturen am Vorhaben oder am Vorgehen gemeinsam einfordern. Dabei müssen die Bedürfnisse der Mieter*innen zusammengefasst und gewichtet werden. Eventuell könnten Sie als «Sprachrohr» fungieren, indem sie die Anliegen und Forderungen bei der Vermieterschaft vertreten und die Verhandlungen führen. Ist die Vermieterschaft fair, so könnten Sie mit dieser Strategie allenfalls erreichen, dass die Sanierung sozialverträglich gestaltet wird.

Der Gang an die Öffentlichkeit

Mieter*innen können versuchen, sich über die Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Dadurch riskiert die Vermieterschaft ihren guten Ruf, den sie in der Region allenfalls geniesst. Womöglich kann auch die Politik und der Mieterinnen- und Mieterverband einbezogen werden. Gerade bei grösseren Bauvorhaben kann diese Unterstützung viel bewirken.

Will die Vermieterschaft das Mietverhältnis kündigen, muss sie gewisse Formalitäten einhalten. Die Vermieterin muss Ihnen die Kündigung auf einem amtlich genehmigten Formular mitteilen. Andernfalls ist sie nichtig. Eine weitere Formvorschrift gilt für Kündigungen von Familienwohnungen, in denen ein Ehepaar wohnt. Gemäss Art. 266m OR muss die Vermieterschaft beiden Ehepartner*innen ein separates Kündigungsformular schicken, selbst wenn nur eine der beiden Personen den Mietvertrag unterschrieben hat. Sonst ist die Kündigung ebenfalls nichtig. Dies gilt übrigens auch für Mieter*innen die in einer eingetragenen Partnerschaft leben

Fristen und Termine

Auch bei einer Sanierungskündigung muss sich die Vermieterschaft an die vertragliche Kündigungsfrist und den Kündigungstermin halten. Die Kündigung muss vor Beginn der Kündigungsfrist bei Ihnen eintreffen. Falls die Kündigung per Einschreiben erfolgt, gilt als Zustelltermin entweder der Tag, an dem die Sie die Sendung tatsächlich entgegengenommen haben, oder – falls Sie ihn nicht abholen – derjenige, an dem sie den Brief erstmals bei der Poststelle hätten abholen können. Ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die Rechtsmittelfrist für eine Kündigungsanfechtung und/oder ein Erstreckungsbegehren zu laufen. Der Folgetag ist Tag 1 der 30-tägigen Anfechtungsfrist. Das gilt unabhängig davon, ob die Sie die Sendung abholen oder nicht. Eingeschriebene Briefe einfach zu ignorieren bringt Ihnen keine Vorteile.

Kündigung anfechten

Die Anfechtung der Kündigung bei der Schlichtungsbehörde innerhalb von 30 Tagen ist nun das einzige Mittel, das Ihnen noch bleibt. Lassen Sie diese Frist ungenützt verstreichen, gilt die Kündigung als akzeptiert, sogar dann, wenn sich die Sanierung im Nachhinein als «faule Ausrede» entpuppen sollte. Gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts stehen die Chancen für eine Anfechtung der Kündigung gut, wenn die geplante Sanierung auch im bewohnten Haus ohne wesentliche Verzögerung oder Komplikationen möglich wäre, wie dies etwa beim Streichen von Wänden, blossen Aussenrenovationen oder Balkonanbauten der Fall wäre. Dann gibt es keinen schutzwürdigen Grund für eine Kündigung. Auch eine Kündigung «auf Vorrat» ist missbräuchlich, so zum Beispiel, wenn das Bauvorhaben im Zeitpunkt der Kündigung noch nicht ausgereift ist. Nicht ausgereift ist ein Sanierungsprojekt dann, wenn die Vermieterschaft lediglich über einen einfachen Entwurf für die zukünftigen Arbeiten verfügt, wenn noch gar kein Baugesuch eingereicht wurde, nur ein Investitionsplan vorliegt oder die Finanzierung ungesichert ist. Missbräuchlich ist eine Kündigung ebenfalls, wenn die Sanierung nicht realitätsnah oder sogar unmöglich erscheint, der Umfang der geplanten Arbeiten und die Notwendigkeit des Auszugs der Mietenden also gar nicht zu beurteilen ist.

Im Einzelfall ist es eine Ermessensfrage, ob eine Kündigung wegen Sanierungsarbeiten missbräuchlich ist. Beurteilt die Schlichtungsbehörde oder das Gericht eine Kündigung als missbräuchlich, wird sie aufgehoben und ein dreijähriger Kündigungsschutz wird ausgelöst.

Recht auf Erstreckung

Selbst wenn die Schlichtungsbehörde oder das Gericht die Kündigung als rechtmässig beurteilt, müssen die Sie nicht sofort ausziehen. Sie können dann eine Mieterstreckung verlangen. Die Schlichtungsbehörde oder das Gericht muss dann abwägen, wie hart Sie die Kündigung trifft und wie dringend das Sanierungsvorhaben der Vermieteterschaft ist. Ob und wie lange eine Erstreckung gewährt wird, ist eine Ermessensfrage. Dabei werden die Interessen der Vermieterschaft und die Ihrigen gegeneinander abgewogen. Wenn Sie finanziell knapp dastehen oder Kinder haben, erhalten Sie eher eine längere Erstreckung. Entscheidend ist auch die Situation auf dem Wohnungsmarkt. Belegen Sie Ihre Suchbemühungen als Mieter*in glaubhaft, etwa mit Kopien von Bewerbungsschreiben oder Internetanfragen. Üblicherweise können Mieter*innen mit einer Erstreckung von mindestens einigen Monaten rechnen, manchmal sogar mit einer von mehr als einem Jahr. Die gesetzliche Maximaldauer beträgt für Wohnungen vier Jahre. Ein so langer Aufschub ist in der Praxis aber selten – leider.

Fallbeispiele aus dem Alltag

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