20.11.2025

MV

Wenn’s fault, was kreucht oder zu kalt ist

Schimmel, Schaben und K.lte: drei Probleme, die besonders in der kühlerenJahreszeit in Mietwohnungen häufiger auftreten, als Mieter*innen lieb ist. Doch wer muss was tun, und wer bezahlt am Ende dafür?

Alles begann harmlos. Hanspeter Huber bemerkte einen grauen Schleier hinter dem Kleiderschrank. "Ein bisschen Staub", dachte er. Doch Huber irrte sich. Einige Wochen später war der Fleck schwarz und der typische Modergeruch nicht mehr zu überriechen. Als Huber seine Vermieterin über den Schimmelbefall informierte, hiess es lapidar "Sie müssen halt besser lüften!". Doch so einfach ist es nicht. Zwar kann falsches Lüften oder übermässige Feuchtigkeit durch exzessives Aufhängen nasser Wäsche, einen halben Zimmerpflanzendschungel oder Luftbefeuchter Schimmel begünstigen. Auch wer die Heizkörper im Winter komplett zudreht, kann für das Auftreten von Schimmel verantwortlich sein. Oft aber ist die Ursache in Baumängeln zu suchen, etwa schlecht isolierten Aussenwänden, undichten Fenstern oder sogenannten Wärmebrücken.

Damit die Vermieterin Huber für den Schaden verantwortlich machen kann, müsste sie zweifelsfrei nachweisen, dass er den Schimmel allein oder überwiegend verursacht hat. Die Beweisführung ist in der Praxis schwierig, sogar Fachleute kommen oft zu unterschiedlichen Ergebnissen. Kann die Vermieterschaft den Beweis nicht erbringen, muss sie den Schimmel auf eigene Kosten professionell entfernen lassen. Also nicht mit Javelwasser oder gar Essig, sondern von einer darauf spezialisierten Firma. Schimmel gilt rechtlich als Mangel am Mietobjekt. Eine Wohnung ist nur dann gebrauchstauglich, wenn man sie .normal. nutzen kann. Muss Huber jeden Tag stundenlang lüften, um Schimmel zu vermeiden, ist das unzumutbar. Dasselbe gilt, wenn er keine Möbel an die Aussenwand stellen darf.

Der Mietzins als Druckmittel

Nachdem die Vermieterin trotz wiederholter Meldungen untätig blieb, griff Huber zu einem Druckmittel. Er hinterlegte den Mietzins. Dies völlig zu Recht, weil er dabei folgende Regeln beachtet hat. Zuerst setzte er seiner Vermieterin schriftlich eine angemessene Frist zur Mangelbehebung und drohte die Hinterlegung an. Er tat dies mit einem eingeschriebenen Brief. Nachdem die Frist verstrichen war, hinterlegte Huber den Mietzins bei der zuständigen Schlichtungsbehörde. Gleichzeitig informierte er die Vermieterin schriftlich über die Hinterlegung. Wichtig war, dass Huber den Mietzins vor Fälligkeit einzahlte. Andernfalls wäre er in Zahlungsverzug geraten. Nach der Hinterlegung hat er nun 30 Tage Zeit, um ein Schlichtungsgesuch einzureichen. Sonst wird das hinterlegte Geld an die Vermieterin ausbezahlt. Neben der Beseitigung des Schimmels verlangte er auch eine Mietzinsreduktion. Bei mittlerem Schimmelbefall gelten 10 bis 20 Prozent des Nettomietzinses als angemessen.

Ungebetene Gäste in der Küche

Kaum war die Schimmelproblematik auf gutem Weg, stand das nächste Ärgernis vor der Tür oder, besser gesagt, krabbelte über den Küchenboden. Eines Abends entdeckte Huber beim Gang zum Kühlschrank mehrere schwarze Käfer. Als er das Licht anmachte, flitzten sie blitzschnell unter den Küchenschrank. Orientalische Schaben, diagnostizierte der Kammerjäger trocken. Wieder will die Vermieterin Huber die Schuld in die Schuhe schieben. "Sie müssen halt besser putzen!" Doch so einfach geht das nicht. Nur wenn die Vermieterin beweisen kann, dass Huber die Schädlinge durch mangelnde Sorgfalt eingeschleppt oder deren Vermehrung begünstigt hat, muss er die Kosten für den Kammerjäger tragen. Das gelingt fast nie. Schaben können mit Verpackungen, Geräten oder sogar Feriengepäck eingeschleppt werden. In grösseren Liegenschaften können sie sich über Versorgungsschächte ausbreiten, ein Problem, das nur mit einer professionellen, systematischen Bekämpfung im ganzen Haus gelöst werden kann.

Deshalb muss die Vermieterin die Kosten des Kammerjägers in der Regel tragen. Kleine Befälle, etwa Dörrobstmotten im Vorratsschrank, gehören zum kleinen Unterhalt. und sind Sache der Mieterschaft. Hanspeter müsste die Küchenschränke selbst reinigen und die Lebensmittel entsorgen oder umfüllen. Ebenfalls kein Anspruch an die Vermieterschaft besteht, wenn man einfach abwarten kann, bis die Insekten wieder verschwinden. In solchen Fällen liegt mietrechtlich gesehen kein Mangel vor. Sobald es um gesundheitsschädliche oder sich rasch vermehrende Tiere wie Schaben, Ratten oder Mäuse geht, liegt die Verantwortung eindeutig bei der Vermieterin.

Wie Schimmel gelten auch Schädlinge mietrechtlich als Mangel. Hanspeter meldete den Befall sofort per Einschreiben und dokumentierte alles mit Fotos. Das ist sehr wichtig, denn wer Mängel nicht meldet, riskiert zum einen, für Folgeschäden haftbar zu werden. Bei Schädlingsbefall kann Abwarten teuer werden, weil sich die Tierchen mit der Zeit rasant vermehren und die Beseitigung entsprechend aufwendiger und teurer wird.Zum anderen muss die Vermieterin eine Mietzinsreduktion gemäss Art. 259d OR erst ab dem Zeitpunkt gewähren, in dem sie vom Mangel erfahren hat.

Heisse Tipps für kalte Radiatoren

Kaum waren Schimmel und Schaben Geschichte, meldete sich der nächste Widersacher: die Kälte. Der Herbst kam früh, doch die Radiatoren blieben kalt. Auf Hubers Nachfrage entgegnete die Vermieterin gleichgültig: "Die Heizperiode hat noch nicht begonnen". Falsch gedacht. In der Schweiz gibt es keine feste Heizperiode. Laut Gesetz muss eine Wohnung jederzeit gebrauchstauglich sein und dazu gehört, dass man nicht friert. Die richtige Raumtemperatur in einer Mietwohnung liegt bei 20 – 21 Grad, in einem Minergiehaus bei 19 – 20 Grad. Weicht die Temperatur um 3 – 5 Grad vom Sollwert ab, gilt dies als Mangel, der einen Anspruch auf Behebung und Mietzinsreduktion begründet.

Wie viel die Mietzinsreduktion ausmacht, ist Ermessenssache. Anstelle der Mietzinshinterlegung – vorausgesetzt, alle Formalitäten sind eingehalten – hat Huber gemäss Art. 259b OR das Recht zur sogenannten Ersatzvornahme. Das bedeutet, er darf die Heizung auf Kosten der Vermieterin selbst reparieren lassen. Bedingung ist allerdings, dass die Vermieterin den Mangel kennt und ihn nicht innert nützlicher Frist behebt. Deshalb sollte Huber sie per eingeschriebenen Brief informieren und ankündigen, dass er einen Servicetechniker beauftragen lässt, falls der Mangel nicht innert weniger Tage behoben wird.

Eines darf Huber dabei aber auf keinen Fall ausser Acht lassen. Bei jeder Ersatzvornahme müssen sich Mieter*innen auf das Unumgängliche beschränken. Der Servicemonteur soll nicht mehr reparieren, als wirklich nötig ist. Sonst kann die Vermieterschaft die Bezahlung verweigern. Erklärt der Servicetechniker zum Beispiel, er müsse den Heizkessel auswechseln, sollte Huber sofort die Reissleine ziehen und die Ersatzvornahme wieder abblasen. Denn unüberblickbare und sehr teure Reparaturen dürfen Mieter*innen nicht eigenmächtig in Auftrag geben.

Fazit

Hanspeter Huber hatte in diesem Herbst mehr mietrechtliche Stänkereien als manch anderer in einem Jahrzehnt. Doch er hat eines gelernt: Ruhe bewahren, die Mängel sorgfältig dokumentieren und sofort schriftlich melden.

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