03.06.2019
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Miettipp

Barbecue in Balkonien – ohne Ärger mit den Nachbarn

Mit den sommerlichen Temperaturen fällt auch für viele Mieterinnen und Mieter der Startschuss in die Grillsaison. Doch nicht selten sorgt der Grillplausch für rote Köpfe in der Nachbarschaft. Bevor Sie Ihr Steak auf den Rost werfen, servieren wir Ihnen als Vorspeise eine Extraportion Wissen über Ihre Rechte und Pflichten.

Endlich wieder Sommer! Stefan Müller hat spontan seine Freundinnen und Freunde zur abendlichen Balkonparty eingeladen. Saftige Steaks, leckere Würstchen und knackiges Gemüse brutzeln bereits auf dem Grill, ganz zur Freude der hungrigen Gäste. Die Vorfreude währt jedoch nur kurz. Der Hauswart steht plötzlich vor der Tür. «Grillieren auf dem Balkon ist in diesem Haus verboten», verkündet er in gehässigstem Ton. «Lesen Sie doch gefälligst die Hausordnung».

Ungültige Hausordnungen

Das ist kein Bluff. In der Hausordnung ist das Grillieren auf dem Balkon tatsächlich strikte untersagt. Müssen sich Stefan Müllers Gäste nun mit dem langweiligen Salatbuffet und den öden Kartoffelchips begnügen? Nein! Damit eine Hausordnung überhaupt gültig ist, muss der Mietvertrag ausdrücklich auf die Hausordnung verweisen. Und auch dann muss man sich als Mieterin und Mieter nicht an jedes pingelige Verbot halten. Der Vermieter kann nicht nach eigenem Gusto Verbote erlassen. Einschränkungen der Balkonnutzung im Mietvertrag oder in der Hausordnung müssen auf einem sachlichen Grund basieren und verhältnismässig sein. Verbote um des Verbots Willen sind dagegen unbeachtlich. Sie verstossen gegen die Persönlichkeitsrechte der Mietenden. So auch ein generelles Grillverbot auf dem Balkon. Grundsätzlich ist es den Mieterinnen und Mieter gestattet auf dem Balkon zu tun und zu lassen, was sie wollen. Sie dürfen dort nach Belieben essen, lesen, schlafen oder eben auch grillieren.

Grillieren mit Bedacht

Jetzt kommt jedoch das grosse Aber: Auch in Balkonien müssen Mieterinnen und Mieter die selbstverständlich auf die Nachbarn Rücksicht nehmen. Der Grill ist zu jeder Tageszeit so zu bedienen, dass die Nachbarn nicht eingeräuchert werden. Es liegt auf der Hand, dass ein Smoker Grill deshalb nicht die optimale Gerätschaft ist. Überschreiten die Rauchimmissionen das tolerierbare Mass, kann der Vermieter im Einzelfall einschreiten. Mit einem Gas- oder Elektrogrill lassen sich beissender Rauch und Gestank dagegen auf ein vernünftiges Mass reduzieren. Der Duft von Gebratenem ist auch beim normalen Wohnverhalten, wozu auch das Kochen gehört, unvermeidbar. Solche Gerüche müssen von den Nachbarn daher geduldet werden. Sie könnten ja schliesslich auch aus einem offenen Küchenfenster wehen.

Apropos Fenster: Raucher geniessen die Verdauungszigarette vorzugsweise auf dem Balkon. Dabei sollten sie darauf achten, dass der Tabakrauch nicht durch ein offenes oder schräg gestelltes Fenster direkt in die Schlafzimmer der oberen Wohnungen dringt. Solche Rauchimmissionen müssen die Nachbarn nicht dulden.

Sofern ein Garten oder eine Grünfläche allen Mieterinnen und Mietern eines Hauses zur Verfügung steht, kann auch dort grilliert werden. Im Gegensatz zum Balkon kann der Vermieter dies aber im Mietvertrag oder in der Hausordnung verbieten. Selbstverständlich muss man sich dabei mit seinen Nachbarn absprechen und darf eine gemeinschaftliche Grillstelle nicht für sich allein beanspruchen.

Nachtruhe ab 22 Uhr

Auch übermässiger Lärm sollte vermieden werden. Als Faustregel gilt: Ab Beginn der Nachtruhe herrscht Tischlautstärke. Die Gesprächslautstärke ist also so zu dosieren, dass man sich nur noch am gleichen Tisch versteht. Lautes Lachen, Singen und Grölen liegen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr drin. Die Nachtruhe gilt im Allgemeinen ab 22 Uhr. Massgebend sind die örtlichen Polizeivorschriften oder die Hausordnung. Mancherorts gilt auch über Mittag eine Ruhezeit. Dann ist die Lautstärke ähnlich herunterzuschrauben wie nachts. Auch ausserhalb der Ruhezeiten ist der Geräuschpegel auf ein vernünftiges Mass zu beschränken. Wer auf dem Balkon das Radio oder den Bluetooth-Lautsprecher voll aufdreht oder gar Trompete übt, überschreitet das Mass des Zulässigen zu jeder Tageszeit.

Wo die Lärmgrenze liegt, hängt jedoch auch von den Umständen ab. Wenn ein Quartier sowieso von starkem Lärm belastet ist, darf man es mit den Ruhevorschriften etwas lockerer nehmen. Das Grundprinzip ist relativ simpel: Erlaubt ist, was niemanden stört. Und wenn man gut mit den Nachbarn auskommt, braucht es einiges, bis sie sich gestört fühlen. Wer auf dem Balkon gerne mal eine feuchtfröhliche Party schmeisst, muss sich eben um ein gutes Verhältnis zu den Nachbarn bemühen.

Rechtliche Konsequenzen bei Verstössen

Verstösse gegen die Rücksichtspflicht können ernsthafte rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. In Extremfällen, wenn selbst eine schriftliche Abmahnung nichts nützt, ist sogar eine ausserordentliche Kündigung möglich, mit einer Frist von 30 Tagen auf Ende eines Monats. Störenfriede, die die Ruhevorschriften missachten, riskieren ausserdem, dass die Polizei bei ihnen aufkreuzt. Auf eine erste Verwarnung folgt in der Regel eine happige Busse.

Mieterinnen und Mieter, die sich durch rücksichtslose Nachbarn belästigt fühlen, können sich bei der Polizei oder dem Vermieter beschweren. Nützt eine Reklamation bei der Vermieterschaft nichts, kann man unter Umständen eine Mietzinsreduktion verlangen und durch die Hinterlegung des Mietzinses bei der Schlichtungsbehörde Druck machen. Derartige Fälle sind wegen den formellen Hürden heikel und vor Überreaktionen ist zu warnen. Am besten lässt man sich vorgängig beim Mieterinnen- und Mieterverband beraten.

Toleranz üben

Wer versucht, den Knatsch mit den Nachbarn wegen Lärm-, Geruchs- oder Rauchbelästigung auf dem Rechtsweg zu lösen, landet nicht selten in einer Sackgasse. Denn ob eine Störung das zulässige Mass überschreitet, lässt sich kaum objektiv feststellen. Deshalb sind Toleranz und gesunder Menschenverstand gefragt. Ein persönliches Gespräch ist in solchen Situationen zielführender. Dabei muss man sich bewusst sein: Zwar haben die Nachbarn ein Recht auf Ruhe, Fröhlichkeit und Ausgelassenheit sind aber ebenso erlaubt. Toleranz und gegenseitiger Respekt sind letztlich die Grundpfeiler einer friedlichen Nachbarschaft.

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