31.10.2017
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Medienmitteilung

Bedrohliche Basler Wohnraumförderung: der Entscheid

Der erwartete Entscheid zur Frage, wie investorenfreundlich das Wohnraumfördergesetz auszulegen ist, liegt vor. Er argumentiert eher politisch als rechtlich. In zwei Fällen scheint er gar über den Wortlaut des Gesetzes hinweg zu gehen. Das ruft förmlich nach dem Bundesgericht.

Wer gehofft hatte, die harten und kompromisslosen Worte, mit denen das Verwaltungsgericht vor gut einem Monat die Abbruchbewilligung für die Steinengraben-Häuser begründete, würden in der schriftlichen Begründung einer vertieften Analyse Platz machen, sieht sich getäuscht.

Der heute zugestellte Entscheid ist reich an Seiten (Seitenzahl: 34), aber arm an Argumenten. Eine erste Lektüre bestätigt den Eindruck, er sei eher politisch motiviert und richte das Wohnraumfördergesetz bedingungslos auf die Investoreninteressen aus.

Verdichtung, Investorenförderung...

Oberster Grundsatz ist gemäss Gericht das «Verdichtungsgebot». Dem werden Mensch, Natur und auch geschützte Bäume unterworfen. «Je stärker» die Bebauung beeinträchtigt werde, so der Entscheid, «desto höher» sei «mit Blick auf das Gebot der haushälterischen Bodennutzung innerhalb der Siedlungen das Interesse an der Fällung eines Baumes zu gewichten».

Gemäss Gericht scheint alles der «Förderung von Investitionen in den Neu-, Um- und Ausbau sowie die Sanierung von Wohnraum» zu unterliegen – selbst wenn der Gesetzeswortlaut abweicht. Obwohl gemäss Gesetz und Verordnung eine Abbruchbewilligung nur erteilt wird, wenn «in der Folge» des Abbruchs mindestens gleich viel Wohnraum «entsteht», berechnet das Gericht ausdrücklich auch «Bestandesgebäude» mit ein, die gar nicht abgerissen werden, sondern eben bestehen bleiben, konkret also das jetzige Bürogebäude an Hausnummer 28.

...und Parkplätze sind die obersten Basler Wohnlichkeits-Gebote

Auch Parkplätze sind gemäss Gerichtsentscheid höherwertig. So müsse «hingenommen» werden, dass eine «Einstellhalle nicht ohne Entfernung des heute vorhandenen Biotops in der Bauphase möglich ist».

Baumschutz scheint ein blosser Störfaktor beim Verdichten zu sein, denn es gelte dessen «präjudizielle Wirkung auf die Errichtung von Neubauten mit Tiefgaragen zu beachten». Gerade bei einem Bauprojekt am Cityring bestehe «ein erhebliches Interesse an der Schaffung von Parkraum für die Bewohner und Arbeitnehmenden».

Die Tiefgarage am Steinengraben sei «daher» ein wichtiger Bestandteil des gesamten Bauprojekts und ein Verzicht auf diese würde am bestehenden Standort zu einer Beeinträchtigung der künftigen Bewohner und Benutzer des Neubaus führen». 

Fazit

Der Entscheid liefert auf 34 Seiten wenig juristische Argumente. Das Wohnraumfördergesetz wird stattdessen als Passepartout für Neubauten und Parkplätze politisch interpretiert. Die vom Gericht erwartete Abwägungen der Interessen im Einzelnen fehlt fast vollständig.

Dies zeigt sich am deutlichsten im Vergleich der Wohnflächen vor und nach Abbruch.Obwohl das Gesetz Wohnraum ausdrücklich als «alle ständig dem Wohnen dienenden Räume» definiert, beharrt das Gericht darauf, die Autoparkplatz- und Liftmaschinenflächen mit einzubeziehen.

Ob die damals «Ja» stimmende Bevölkerungsmehrheit dies ebenso gesehen hätte? Mit dieser Frage befassen sich die 34 Seiten des obersten Basler Gerichts nicht.

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[Autor: Beat Leuthardt]