07.06.2021
-
MV  | 
Medienmitteilung

Bundesgericht verstärkt Marktorientierung im Mietrecht

Das Bundesgericht hat seine Rechtsprechung zur Missbräuchlichkeit des Anfangsmietzinses präzisiert. Der Mieterinnen- und Mieterverband (MV) kritisiert das Urteil scharf, denn die Beweislast im Streitfall liegt nun stärker auf der Mieterseite, für die es deutlich schwieriger sein wird, zu beweisen, dass der Mietzins tatsächlich missbräuchlich ist. Mit seinem Entscheid verstärkt das Bundesgericht die Marktorientierung im Mietrecht.

«Das Urteil des Bundesgerichts stärkt die Position der Vermieterseite im Mietrecht weiter. Durch die Umkehrung der bisherigen Rechtsprechung zur Beweislast wird dem Vermieter oder der Vermieterin die Anwendung des Kriteriums der orts- und quartiersüblichen Miete erleichtert», kommentierte der Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands, Carlo Sommaruga, den Entscheid.

Umkehr der Beweislast

Das Bundesgericht hat in diesem Urteil seine Rechtsprechung zur Frage präzisiert, welche Partei – Mieter*in oder Vermieter*in – im Streitfall zu beweisen hat, ob der Anfangsmietzins für eine Altbauwohnung im Vergleich mit den orts- oder quartierüblichen Mietzinsen missbräuchlich ist oder nicht. Neu kann die Vermieterseite den Teilnachweis erbringen, dass die Miete bei einem früheren langfristigen Mietverhältnis nicht missbräuchlich war. Die Mieterseite hingegen ist in der Pflicht, den absoluten Beweis zu erbringen, dass ihre Miete höher ist als die Mieten in der Nachbarschaft. «Weil die Mieterinnen und Mieter keinen Zugang zu den Mietpreisen anderer Wohnungen in der Nachbarschaft haben, wird es für sie deutlich schwieriger sein, in solchen Fällen zu beweisen, dass die Miete missbräuchlich ist», so Sommaruga.

Mieterfeindliche Tendenz

Mit seinem Entscheid erleichtert das Bundesgericht der Vermieterseite die Anwendung des Kriteriums der orts- und quartiersüblichen Miete und stärkt die Marktorientierung im Mietrecht. «Das Urteil geht für uns in die völlig falsche Richtung. Denn die Mieten steigen trotz sinkender Lebenshaltungskosten und stetig sinkender Hypothekenzinsen immer mehr an. Eigentlich müssten die Mieten längst sinken», so Sommaruga. «Dieses Urteil ist Teil einer zunehmend mieterfeindlichen Tendenz des Bundesgerichts. Das hat auch die jüngste Rechtsprechung zur Berechnung der Nettorendite gezeigt.»