31.05.2018
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Diese Abstimmung ist einmalig

Im Juni kommt es für die Basler Mietenden zu einer historischen Abstimmung. Mit vier Ja können sie ihr Los enorm verbessern.

Wo gab es das sonst einmal? Am 10. Juni kommen in Basel gleich vier Mietervorlagen zur Abstimmung. Drei stammen vom MV, eine  von einem Komitee aus sozialen Organisationen. Und immer geht es um Wohnschutz und Mieterrechte. MV-Co-Leiter Beat Leuthardt fiebert diesem entscheidenden Datum entgegen. Er sagt: «Wenn alle unsere Mitglieder an die Urne gehen, haben wir eine reelle Chance zu gewinnen.» Worum geht es?

Die eine MV-Initiative will Transparenz bei den Vormieten herstellen und die Preistreiberei bei Mieterwechseln dämpfen. Zu diesem Zweck sollen die Vermieter verpflichtet werden, auf einem Formular den Vormietzins anzugeben. So wird beim Neueinzug schnell ersichtlich, ob Mietende über den Tisch gezogen werden sollen. Diese Transparenzpflicht hat sich bewährt: Es gibt sie schon in einem halben Dutzend Kantone, darunter Zürich. Die andere MV-Initiative will den Zugang zu den Gerichten sicherstellen, indem die Gebühren bei Mietstreitigkeiten auf höchstens 500 Franken begrenzt werden. Heute ist es so, dass hohe Kostenhürden bestehen. Niemand aber soll nur wegen den Gebühren auf seine Rechte verzichten müssen. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

Beat Leuthardt, Co-Leiter MV Basel-Stadt: «Wir haben eine reelle Chance zu gewinnen»

Interessant ist die dritte MV-Initiative. Sie will namentlich ältere Mietende vor der Vertreibung schützen. Krasse Fälle erschütterten unlängst die Basler Öffentlichkeit: Bei den Rosental-Häusern beim Messegelände war sogar eine 100-Jährige vom Rausschmiss bedroht, und die staatliche Pensionskasse zog Massenkündigungen an der Wittlingerstrasse so gnadenlos durch, dass die Betroffenen und zahlreiche Sympathisierende aus Protest auf die Strasse gingen. Diesen Missständen will der MV durch einen Zusatz in der Kantonsverfassung einen Riegel schieben. Dem Kanton wird die Pflicht überbunden, solche Verdrängungen mit geeigneten Instrumenten zu verhindern, etwa mit einer Bewilligungspflicht sowie einer Mietzinskontrolle bei Renovation, Umbau oder Abbruch von günstigen Wohnungen.

Einen ähnlichen Wohnschutz, der vor allem älteren, aber auch jüngeren Menschen mit weniger Einkommen nützt, kennt der Kanton Waadt. Für die Deutschschweiz wäre das ein Novum. «Aber eines, das dringend nötig ist», betont Beat Leuthardt. Niemand solle im Alter aus blossen Renditegründen ins Altersheim gezwungen werden. Es gelte, gewachsene Sozialstrukturen nicht leichtfertig nur um des Profites willen zu zerstören. Die vierte Initiative stammt nicht vom MV, sondern von engagierten Betroffenen aus dem Sozialbereich. Der MV unterstützt sie und hat auch einen Teil der Unterschriften gesammelt. Ihr Verein «Recht auf Wohnen» will in der Kantonsverfassung ein gleichnamiges Recht verankern. Danach soll der Kanton sicherstellen, dass sich alle Baslerinnen und Basler eine Wohnung mit einem bezahlbaren Mietzins beschaffen können. Wie das geschehen soll, lässt die Initiative offen.

Der 10. Juni ist in Basel ein mietpolitischer Grossanlass. Da heisst die Devise: Alle an die Urnen und vier Mal ein Ja einlegen!

Dieser Artikel ist im M+W Nr. 2/18 vom April 2018 erschienen. 
Text: Patrizia Bernasconi