08.04.2015
-
M+W

Verzicht aufs Auto wird belohnt

Zürichs «autofreie» Siedlung Sihlbogen geht in Betrieb: Im Quartier Leimbach, direkt am Gleis.

«Autofrei» steht in Anführungszeichen. Denn auch die Siedlung Sihlbogen hat eine Tiefgarage mit Parkplätzen. Aber nur mit 64 für rund 500 Bewohnerinnen und Bewohner. Dafür gibt es gegen 400 Veloabstellplätze. Das freut Stefan Schneider. Der Planer hat das Mobilitätskonzept für die Siedlung entworfen. Und es freut auch Samuel Bernhard, Promotor beim Verkehrsclub der Schweiz für autofreie Siedlungen.

Beitrag zur 2000-Watt-Gesellschaft

Samuel Bernhard muss dank Elektroauto der Siedlung und S-Bahn nicht auf Mobilität verzichten.
Zoom
Samuel Bernhard muss dank Elektroauto der Siedlung und S-Bahn nicht auf Mobilität verzichten.

Bernhard wohnt selbst im Sihlbogen. Will er in die Stadt, steigt er gerne aufs Fahrrad. Wenn es schnell gehen muss, in die S-Bahn. Die hält gleich vor der Tür. Nur wenige Gehminuten sind es bis zur Station Zürich Leimbach der SZU. In einer Viertelstunde ist Bernhard schon am Zürcher HB mitten in der City. Die Baugenossenschaft Zurlinden schuf mit der Siedlung ein Pionierwerk, das auch die Erfordernisse der 2000-Watt-Gesellschaft erfüllt. Landesweit existieren bislang erst sieben vergleichbare Wohnprojekte.

Die Sihlbogen-Bewohner treten jetzt den Beweis an, dass eine autofreie Siedlung funktionieren kann. Vier Räder mit Blech sind jedoch kein grundsätzliches Tabu. Besucher finden ebenso Parkplätze im Haus, wie Gewerbe oder Zulieferer. Ausnahmen gibt es für Bewohner, die unbedingt auf ein Auto angewiesen sind. Aber grundsätzlich gilt, dass aufs Auto unterschriftlich verzichtet, wer im Sihlbogen wohnt. Dies wird formell in einem Zusatz zum Mietvertrag erklärt.

Rail-Checks im Vertrag inbegriffen

Mobilität soll nicht durchs Privatauto, sondern durch gemeinsame Verkehrsmittel sichergestellt werden. So stehen der Siedlung Mobility-Fahrzeuge zur Verfügung, ebenso ein siedlungseigenes Elektroauto, das alle benützen dürfen. Vor allem aber lösen die S-Bahn und auch der Bus das Transportproblem. Läge der Sihlbogen nicht direkt am S-Bahngleis, hätte die Überbauung wohl nicht in der jetzigen Form realisiert werden können. Die gute Einbettung in öffentliche Verkehrsinfrastrukturen ist Voraussetzung dafür, dass ein solches Projekt entstehen konnte. 

Für die Bewohnerinnen und Bewohner im Sihlbogen stellt das Leben ohne Auto keinen Verzicht, sondern eine Bereicherung dar. Man erspart sich Stress am Steuer sowie die Kosten für Benzin, Versicherungen und Motorfahrzeugsteuer. Als Teil des Mobilitätskonzepts erhält jeder Haushalt jährlich Gratis-Rail-Checks im Wert von 800 Franken. Damit kann man ein SBB-Abo kaufen oder das Geld als Zustupf ans GA verwenden. Dieser Betrag beruht auf einer Rechnung der Baugenossenschaft: Die Kosten, die durch leerstehende Parkplätze entstehen würden, werden als «vermiedener Verlust» an die Bewohnerinne und Bewohner weitergegeben. Eine zukunftsgerichtete Existenzform, die – so hofft Samuel Bernhard und bestätigt auch der Trend – immer mehr Anhänger findet.

Lesen Sie mehr in unserer Reportage in der neuen Ausgabe von «Mieten & Wohnen». Erscheint am 17. April. Bei Ihnen zuhause als Mitglied. Oder als Abo für 40 Franken für neun Ausgaben pro Jahr über info@mieterverband.ch.