Kohlenmonoxid: Ein unerledigter Fall
Renate Müller aus Bern fiel beinahe einem defekten Durchlauferhitzer zum Opfer. Ein Jahr nach dem Vorfall blickt sie zurück.
Es war am 24. November 2013. Renate Müller stand im Bad unter der Dusche. Dann sackte sie plötzlich zusammen. Aus dem Durchlauferhitzer fürs Warmwasser strömte giftiges Kohlenmonoxid aus. Beinahe hätte sie den Vorfall mit dem Leben bezahlt. M&W berichtete in der Ausgabe 1/2014 über diesen schrecklichen Vorfall.
Renate Müller musste sich im Spital mit einer aufwendigen Behandlung entgiften lassen. «Danach hatte ich Schmerzen und musste Medikamente einnehmen. Es fühlte sich an, als hätte ich am ganzen Körper Muskelkater», erzählt sie. Zu befürchten waren bleibende neurologische Schäden. Diese traten glücklicherweise nicht ein. Mit grosser Wahrscheinlichkeit bleibe sie davor verschont. Dies hätten neurologische Untersuchungen ergeben, so Renate Müller.
Als M&W Ende November bei ihr zu Besuch war, machte sie einen frischen, gelösten Eindruck. Sie konnte lächeln und erzählte freimütig, was sich ereignet hatte. Das war wenige Wochen nach dem Unfall ganz anders gewesen. Damals war sie vom Schock gezeichnet und wirkte sehr mitgenommen. Dennoch hatte sie sich M&W für ein Gespräch zur Verfügung gestellt. Weil sie nämlich alle warnen wollte, die noch solche Durchlauferhitzer in der Wohnung haben. Diese stellen ein unterschätztes Gefahrenpotenzial dar. Jedes Jahr fallen ihnen europaweit Dutzende von Personen zum Opfer.
Müller hofft auf Gerechtigkeit
Renate Müller kramt einen Packen Papier hervor: Protokolle, Untersuchungsberichte, Korrespondenz. Der Fall ist noch nicht abgeschlossen. Der Staatsanwalt führt eine strafrechtliche Untersuchung. Im Zentrum steht die Frage nach der Verantwortung. Weshalb funktionierte der Durchlauferhitzer nicht? Warum stellte er nicht automatisch ab? Liegt die Ursache in der fehlenden Wartung? Und wenn Ja, wer ist dafür verantwortlich? Für Renate Müller ist der Fall klar: «Das Gerät war nicht gewartet, und auch die baulichen Richtlinen betreffend Frischluftzufuhr wurden gemäss einem Gutachten nicht eingehalten.» Seit Monaten erwartet sie einen Entscheid in der Untersuchung. Auf die Frage, weshalb es denn so lange dauert, weiss sie keine Antwort.
Geklärt ist hingegen die Haftungsfrage. Die Vermieterin muss für den Schaden aufkommen. Respektive ihre Haftpflichtversicherung. Auch dieses Verfahren zog sich über Monate hin und produzierte viel Papier. Die Folgekosten des Unfalls – Spital- und Arztbehandlung, Erwerbsausfall, Anwaltskosten etc. – sind jedoch gedeckt, auch der Ausfall im Haushalt infolge Arbeitsunfähigkeit.
Verständlicherweise zog Renate Müller mit ihrem Partner und ihrem Kind baldmöglichst aus der Altwohnung aus. Sie konnte nicht mehr länger dort wohnen. Der Beinahe-Tod verfolgte sie. Lange Zeit konnte sie nicht mehr schlafen und war tagsüber entsprechend erschöpft. Zum Glück fand die Familie über die Mund-zu-Mund-Propaganda bald einen valablen Ersatz. Die neue Vierzimmerwohnung, ebenfalls in einem Altbau, ist geräumig, gut erhalten und hat einen schönen Parkettboden. Und keinen Durchlauferhitzer mehr.
Noch heute muss Renate Müller an der Bewältigung des erlittenen Traumas arbeiten. Sie geht in die Therapie, wenn auch nicht mehr so häufig wie früher. Sie muss aber nicht nur den Unfall im Bad verarbeiten, sondern auch gewisse Erlebnisse danach. Zum Beispiel den Kommentar eines Experten: «Wären Sie in einer Badewanne gewesen, so wären Sie ersoffen.» Drei Monate musste Renate Müllers Familie ohne Warmwasser im Bad auskommen, da der Durchlauferhitzer zu Untersuchungszwecken demontiert worden war. Man könne sich ja in der Küche waschen, liess die Liegenschaftsverwaltung verlauten. Mit Hilfe des MV musste sie sich eine Mietreduktion für drei Monate von rund 30% wegen Mängel erstreiten. Zwar wurde sie von der Opferhilfe bei den Rechtskosten unterstützt. Doch wer bezahlte die Umzugskosten? Sie selbst.
Renate Müller hat seit dem November 2013 viel durchgemacht. Jetzt hofft sie, dass der Fall ein Ende hat. Ein Gerechtes. Und was ist mit dem «Tatort», der alten Wohnung? Dort wohnt jetzt eine WG. Wissen die Nachmieter eigentlich, was vorgefallen ist? Renate Müller, welche die Wohnung schon abgegeben hatte, als sie die Nachfolger übernahmen, antwortet: «Von mir nicht...»
Mehr zum Thema: Durchlauferhitzer war defekt – «Ich dachte, jetzt sterbe ich» (M&W Nr. 1, Februar 2014)
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