So geht es den Mietenden

Wie schwierig war es bei Ihrer letzten Wohnungssuche, ein geeignetes und bezahlbares Objekt zu finden? Habe Sie Probleme mit Ihrer Vermieterschaft (und wenn ja, welche)? Haben Sie bei der letzten Senkung des Referenzzinssatzes eine Mietreduktion erhalten? Worauf soll der Mieterinnen- und Mieterverband seine Arbeit künftig fokussieren? Diese und weitere Fragen stellte die Forschungsstelle Sotomo im Herbst unseren Mitgliedern. Rund 18 000 Personen aus allen Landesteilen der Schweiz haben geantwortet, entstanden ist die erste grosse Mieter*innen-Umfrage der Schweiz. M+W hat die wichtigsten Ergebnisse zusammengefasst.

Schwierige Wohnungssuche

Die Schweiz ist mit einem Anteil von rund 60 Prozent ein Land der Mietenden. Das macht die Wohnungssuche aber nicht einfacher. Für rund drei Viertel der Befragten gestaltete sich die letzte Suche nach einer bezahlbaren und geeigneten Wohnung schwierig (siehe Abbildung links).
Besonders schwierig war die Suche nach einem neuen Zuhause in den grossen Städten. Aber auch unter den Befragten, die auf dem Land wohnen, gaben noch fast zwei Drittel an, die letzte Wohnungssuche habe sich «eher schwierig» oder «sehr schwierig» gestaltet. Grössere Mühe als andere, eine passende Wohnung zu finden, hatten Familien mit minderjährigen Kindern sowie Personen, bei denen die Miete mehr als einen Drittel des Budgets ausmacht.

Ungelöste Probleme

Auf die Frage, ob sie Probleme mit der Vermieterschaft hatten oder haben, antworteten 71 Prozent mit Ja. Die Top Five der Probleme sind: Reparaturen/Unterhalt, Anspruch auf Mietzinssenkung, Beanstandung von Mängeln (z. B. Schimmel), Hausordnung/Probleme mit der Nachbarschaft und Nebenkosten(-abrechnung). Ein grosser Teil der Probleme waren zum Zeitpunkt der Befragung ungelöst.
Es zeigt sich, dass nicht alle diese Probleme von den Befragten als gleichermassen belastend angesehen werden. Überdurchschnittlich oft genannt und gleichzeitig als überdurchschnittlich belastend angesehen wurden Probleme in Zusammenhang mit der Beanstandung von Mängeln, der Hausordnung, Nachbarschaftskonflikten oder mit Sanierungen. Am meisten belastet die Mietenden jedoch die Angst vor einer Kündigung. Danach gefragt, ob sie innerhalb der nächsten zwei Jahre eine Kündigung befürchten, antworteten 17 Prozent der Befragten mit Ja. Hauptgrund für die Befürchtungen sind Sanierungen (41 Prozent).

Beziehung zur Vermieterschaft

Für über vier Fünftel der Befragten ist eine gute Beziehung zur Vermieterschaft wichtig. Knapp die Hälfte bezeichnete diesen Aspekt sogar als sehr wichtig. Je älter eine Person ist, desto wichtiger ist ihr ein gutes Verhältnis zu ihrer Vermieterschaft: So bezeichneten 55 % der über 65-Jährigen dies als sehr wichtig, während es bei den 18- bis 35-Jährigen mit 34 Prozent deutlich weniger sind. Mehr zu diesen Zahlen lesen Sie im Kommentar von Carlo Sommaruga.

Erfolg bei Anfechtungen

Wenn der Referenzzinssatz sinkt – und das tut er seit 2008 unablässig –, haben die Mietenden einen Anspruch auf eine Reduktion ihres Mietzinses. Die meisten Vermieter*innen senken den Mietzins allerdings nicht unaufgefordert, wie die Zahlen dazu zeigen. Lediglich 6 Prozent der Befragten gaben nämlich an, ihre Vermieterschaft habe die letzte Senkung des Referenzzinses im März 2020 von sich aus weitergegeben. 39 Prozent der Befragten forderten die Mietzinsreduktion ein, 42 Prozent nicht (siehe Abbildung rechts). Dabei lohnt sich die Einforderung der Mietzinsreduktion, wie die Zahlen zeigen: Von den 39 Prozent der Befragten, die angaben, die Senkung eingefordert zu haben, waren 63 Prozent erfolgreich. Interessant ist die Begründung derjenigen Befragten, welche die Senkung nicht einforderten: Rund die Hälfte gab an, die Beziehung zur Vermieterschaft nicht belasten zu wollen. Gut ein Fünftel antwortete, nicht über den Anspruch Bescheid gewusst zu haben.
Eine noch grössere Erfolgsquote als beim Referenzzinssatz zeigt sich beim Anfangsmietzins: Von denjenigen, die einen zu hohen Anfangsmietzins anfochten, waren mehr als drei Viertel zumindest teilweise erfolgreich.

Das wünschen sich die Mietenden

Mit Blick auf die künftige politische Arbeit des Mieterinnen- und Mieterverbands wurden die Teilnehmenden gefragt, für welche Anliegen sich der Verband vorrangig einsetzen solle. Am meisten Zuspruch erhielt mit 90 Prozent der Vorschlag einer automatischen Weitergabe der Mietzinssenkung bei einer Senkung des Referenzzinssatzes. Dies deckt sich mit den Angaben zum Referenzzinssatz, wonach nur ganz wenige Vermieter*innen bei einer Senkung den Mietzins von sich aus gegen unten anpassen. Mit 80 oder mehr Prozent ebenfalls grossen Zuspruch erhielten die Förderung von preisgünstigem Wohnraum, die Einschränkung von Spekulation und ein besserer Kündigungsschutz (z. B. bei Renovationen oder Sanierungen). Generell wünschen sich die Befragten rechtliche Verbesserungen, durch die die Pflicht wegfallen würde, selber aktiv zu werden und damit potenziell das Verhältnis zur Vermieterschaft zu gefährden. Dazu gehören die bereits genannte automatische Weitergabe der Mietzinssenkung, die Offenlegung des Mietzinses der Vormieterschaft oder eine Kontrolle der Rendite der Vermieterschaft.