06.10.2016
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Miettipp

Die Schuhe vor der Tür, das Velo im Gang

Dürfen Mieterinnen und Mieter im Treppenhaus Gegenstände lagern, wenn sich dafür in der Wohnung keinen Platz findet?

Schuhe vor der Wohnungstür? Für die einen ein No-Go, für andere ganz selbstverständlich. Rechtlich ist die Sache klar: Als Mieterin oder Mieter dürfen Sie nur über den Bereich verfügen, den Sie zum ausschliessli-chen Gebrauch gemietet haben. Das Treppenhaus gehört nicht dazu. Dort dürfen Sie nur mit Zustimmung des Vermieters Schuhe oder anderes Material lagern. Allerdings muss die Zustimmung nicht unbedingt aus-drücklich vorliegen. Gewohnheitsrecht gilt ebenfalls. Wenn Sie Ihre Schuhe seit einem halben Jahr vor die Wohnungstür stellen, und der Vermieter das weiss und nicht dagegen Einspruch erhebt, hat er seine Zu-stimmung stillschweigend erteilt.

Fluchtweg freihalten

Falls es Gründe dafür gibt, darf der Vermieter seine Zustimmung aber wieder zurücknehmen. Etwa wenn sich Mitbewohner an den Latschen stören. Zudem muss das Treppenhaus als Fluchtweg im Brandfall frei passierbar sein. Ist das nicht mehr gewährleistet, hat der Vermieter einzuschreiten. Wenn bisher ein Paar Schuhe geduldet wurde, heisst das jedenfalls nicht, dass Sie auch fünf Paar hinstellen dürfen. Und für stin-kende alte Latschen gilt nicht unbedingt dasselbe wie für saubere Schuhe.
Kann Ihnen der Vermieter wegen Schuhen vor der Wohnungstür kündigen? Falls er Sie zuvor nicht gemahnt hat, wäre die Kündigung wohl missbräuchlich. Das ergibt sich aus einem Urteil des Tessiner Appellationsge-richts vom 7.8.1997. Kaum zulässig wäre jedenfalls eine ausserordentliche, kurzfristige Kündigung. Aber das sind Ermessensfragen, über die die Mietschlichtungsbehörde entscheiden müsste. Halten Sie sich deshalb an den Grundsatz: Der Klügere gibt nach!

Velos und Kinderwagen

Ob man Schuhe im Treppenhaus lagern darf, ist keine existenzielle Frage. Man findet dafür problemlos ei-nen anderen Platz. Also lohnt es sich nicht, es deswegen auf einen Streit ankommen zu lassen. Anders ver-hält es sich bei Kinderwagen und Velos. In gewissen Liegenschaften gibt es dafür keinen Platz ausser im Treppenhaus oder Hausgang. Solche Gerätschaften sind sperriger als Schuhe. Deshalb dürfen sie nicht im Treppenhaus oder sonst in einem Bereich abgestellt werden, der im Brandfall als Fluchtweg dient. Häufig gibt es beispielsweise unter der Treppe oder in nicht ins Freie führenden Korridoren aber durchaus geeignete Plätze.

«Wie gesehen, so gemietet»

Auch in solchen Bereichen dürfen Sie als Mieterin oder Mieter grundsätzlich nicht ohne Erlaubnis des Ver-mieters oder Liegenschaftsverwalters Material deponieren. Aber wenn es sonst keinen Patz für Kinderwagen und Velos hat? Muss in einem Mietshaus nicht ein Abstellplatz dafür zur Verfügung stehen. Darüber kann man sich streiten. Wenn der Vermieter beim Abschuss des Mietvertrags keine entsprechende Zusicherung abgegeben hat, gilt zunächst der Grundsatz «wie gesehen, so gemietet». Das heisst, Sie können keinen Velo- oder Kinderwagenabstellplatz verlangen, wenn bei Vertragsabschluss keiner vorhanden war. Umge-kehrt steht in Art. 256 OR aber, das Mietobjekt müsse «zum vorausgesetzten Gebrauch tauglich sein». Man kann sich tatsächlich fragen, ob eine Wohnung für eine Familie mit Kleinkindern «zum Gebrauch tauglich» ist, wenn nirgendwo ein geeigneter Platz zum Abstellen des Kinderwagens zur Verfügung steht. Dabei kommt es natürlich auch auf weitere Umstände an, etwa auf die Grösse der Wohnung. Jedenfalls ist es nicht zum Vornherein abwegig, auf einem Abstellplatz für Kinderwagen in den allgemein zugänglichen Bereichen der Mietliegenschaft zu bestehen.