29.08.2023
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MV  | 
Medienmitteilung

Nur eine Mietzinskontrolle entlastet den Druck auf die Mietenden

Heute hat Avenir Suisse ein Papier präsentiert, das aus Sicht des Mieterinnen- und Mieterverbands (MV) falsche Annahmen und Behauptungen verbreitet. Dieses Dokument beruht auf der völlig falschen Vorstellung der Immobilienbranche, dass Wohnraum eine Ware wie jede andere sei, die der freie Markt regulieren müsse. Der Wohnungsmarkt ist jedoch kein freier Markt, da jeder Mensch eine Wohnung benötigt und das Angebot von der Immobilienbranche kontrolliert wird. Das Grundrezept in diesen Kreisen lautet: Maximierung der Renditen durch Erhöhung der Bestandsmieten, ohne die Preissteigerungen bei Neuvermietungen zu bremsen. Diese Strategie würde die Mietpreisspirale jedoch nur weiter anheizen. Der MV bedauert, dass Avenir Suisse zu einer Zeit, in der die Mieter*innen mit erheblichen Mietpreissteigerungen konfrontiert sind, solche Hirngespinste verbreitet.

Alle müssen Wohnen. In einem freien Markt wird bei steigender Nachfrage mehr produziert – ist das Angebot zu hoch, sinkt der Preis. Dies funktioniert bei Wohnungen nicht: Bis vor wenigen Jahren wurde überdurchschnittlich viel gebaut – überdurchschnittlich viele Wohnungen standen leer. Trotzdem sind die Mieten nicht gesunken. Im Gegenteil, sie sind angestiegen.

Studie zeigt grundlegende Fehler im Mietwohnungssystem nicht auf

«Die Analyse von Avenir Suisse ist falsch – das Hauptproblem wird von den Autor*innen nicht einmal benannt – die explodierenden Mietzinsrenditen» sagt MV-Präsident Carlo Sommaruga. «Viele Vermieter*innen profitieren heute von zu hohen Renditen, einer Praxis, die aus mietrechtlicher Sicht missbräuchlich ist.»  Zwischen 2006 und 2021 führte dies zu einer unrechtmässigen Umverteilung von Mieter- zu Vermieterseite von insgesamt 78 Milliarden Franken, was einem Kaufkraftverlust von 370 Franken pro Monat und Haushalt entspricht (Studie BASS, 2022).
 
Die Dysfunktionalität des aktuellen Mietrechts dient den Interessen der Vermieterseite: Die gesamte Verantwortung lastet auf den Schultern der Mieter*innen. So dürfen die Vermieter*innen bei Beginn eines Mietverhältnisses und bei jeder Änderung die Mietzinse erhöhen, soviel sie wollen. Es ist jeweils an der Mieterseite, sich zu wehren. «Das aktuelle System begünstigt eine Try-and-Error-Strategie bei den Vermietern. Vielfach versuchen die Vermieter einfach, die Miete zu erhöhen. Wird die Erhöhung dann angefochten, so wird sie zurückgezogen», sagt MV-Vize-Präsident Michael Töngi.

Die Studie hält an einer Marktperspektive fest, die beim Thema Wohnen weder stimmt, noch dazu führt, dass zukunftsfähige Lösungen entstehen. Das liberale Credo lautet, die Bestandesmieten an die hohen Marktpreise anzupassen. Dies würde insbesondere in den Städten zu einem allgemeinen und massiven Anstieg der Mieten führen, Die individuelle Lösung durch den Erwerb von Wohneigentum zeigt zudem, dass die Autoren eine gutsituierte Klientel ansprechen und die Arbeiter- und Mittelschicht vergessen, die aktuell bereits unter der Inflation, den steigenden Energiepreisen oder dem Anstieg des Referenzzinssatzes leidet.

Bürgerliche Angriffe aufs Mietrecht nehmen zu

Die Studie lobt das aktuelle Mietrecht, erwähnt jedoch die Angriffe der Immobilienlobby im Parlament nicht, die auf eine Schwächung des Mietrechts abzielen. Diese Angriffe stehen auf der Agenda der parlamentarischen Herbstsession. Der MV wird sich gegen jede Verschlechterung der Rechte der Mieter*innen in der Schweiz wehren, notfalls mit einem Referendum.

Die einzige Möglichkeit, die Mietexplosion zu stoppen, besteht darin, die Mieten an die tatsächlichen Kosten zu binden. Im Gegensatz zu den Behauptungen von Avenir Suisse hat der Markt im Bereich des Wohnens versagt. Der MV fordert deshalb schon seit längerem, eine Mietpreiskontrolle einzuführen, damit die Verantwortung für die Einhaltung des Gesetzes nicht mehr beim Individuum, sondern bei einer staatlichen Instanz liegt.