16.12.2014
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M+W

Nebenkosten: Livit buchstabiert zurück

Im Streit um überrissene Nebenkosten haben sich die Mieter von Horn TG gegen die Livit weitgehend durchgesetzt.

Fünf Mietende einer Siedlung im thurgauischen Horn am Bodensee hatten sich gegen eine massiv überhöhte Nebenkostenabrechnung der Livit AG gewehrt (M&W berichtete). Nun haben sie sich durchgesetzt. Die Livit willigte in einen Vergleich ein und reduzierte ihre Forderungen massiv. Hugo Wehrli, Geschäftsführer des MV Ostschweiz, freut sich: «Einmal mehr hat sich gezeigt, dass es sich lohnt, hartnäckig zu bleiben. Das Vorgehen der Livit war einfach unverschämt.» 

Was ist passiert? Die Mieter hatten feststellen müssen, dass die Betriebskosten in ihrem Mehrfamilienhaus Jahr für Jahr anstiegen. Nach 2011 schnellten die Hauswartskosten abrupt von 15'750 auf 25'367 Franken hoch. Dies nachdem der Hauswart in die Tochterfirma Livit FM Services AG ausgelagert worden war. Jeder Mieter hätte statt 600 Franken plötzlich fast das Doppelte für den Hauswart bezahlen sollen. Die Einsicht in die detaillierten Belege verweigerte ihnen die Livit in widerrechtlicher Weise (siehe M&W 3 und 4/2014).

Die hohen Kosten stellten sich als teils unbegründet heraus

Darauf gelangten die Betroffenen an die Schlichtungsbehörde. Als dort keine Einigung zustande kam, gingen sie mit Hilfe des MV vors Bezirksgericht Arbon. Dort kam es vor dem eigentlichen Prozess zu Vergleichsverhandlungen. Die Livit hatte erkannt, dass sie nicht durchkommen würde. «Sie legte dann endlich den Pauschalvertrag zwischen ihr und der Tochterfirma Livit FM Services AG auf den Tisch», berichtet Hugo Wehrli. Ohne diese Einsicht wäre eine nähere Prüfung der Kosten gar nicht möglich gewesen. 

Da zeigte sich nun, dass die Kosten nicht voll begründet waren. Die Livit willigte in eine Rückerstattung im Umfang von mehreren hundert Franken pro Partie ein. Auch einigte man sich auf einen neuen Betrag für die Hauswartskosten, der nur noch etwa zwei Drittel der ursprünglich von der Livit verlangten Summe beträgt. Ob aber inskünftig die im Pflichtenheft aufgeführten Arbeiten für diesen Pauschalpreis auch tatsächlich ausgeführt werden, muss die Zukunft zeigen. Möglicherweise ist hier erneuter Konfliktstoff vorhanden. Der Hauswart soll signalisiert haben, dass er wohl nicht mehr alle Aufgaben wie bisher erledigen könne. Es wird daher an den Mietenden liegen zu beobachten, ob zum Beispiel das Treppenhaus gemäss Pflichtenheft gereinigt wird oder nicht. 

Im Übrigen lenkte die Livit auch bei der Verwaltungskostenpauschale ein. Diese wurde auf den in der Ostschweiz ortsüblichen Satz von 3 Prozent gesenkt. Auch übernahm sie die gesamten Gerichtskosten. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Livit damit rechnen musste, mit grosser Wahrscheinlichkeit den Prozess zu verlieren. Die Taktik war dieselbe wie in anderen Orten: Die Bewirtschafterin nützt den Spielraum voll aus und gibt erst im letzten Moment klein bei. Mietende, die in diesem Spiel nicht entschieden vorgehen und hartnäckig bleiben, haben das Nachsehen.   

Der Vergleich kommt einem grossen Erfolg für die Mieter gleich. Faktisch hat die Livit eingestanden, dass sie überrissene Kosten verlangte. Sie konnte die angeblichen höheren Kosten nicht voll belegen. Somit bleibt der  Verdacht, dass über die Pauschalierung der Nebenkosten ein versteckter Gewinn erzielt werden sollte. Das wäre aber unzulässig, denn Vermieter dürfen mit den Nebenkosten keinen Gewinn machen, sondern nur die tatsächlich angefallenen Kosten überwälzen. Hugo Wehrli stellt sich angesichts der Fakten sogar die Frage, ob das noch als getreue Geschäftsführung gelten kann: «Es darf einfach nicht sein, dass Mietern irgendwelche Kosten aufgehalst werden!» 

Es ist nicht das erste Mal, dass die Livit versucht, sich durch Vergleiche aus der Affäre zu ziehen. Es sind andere Fälle bekannt, wo die Verwaltungsfirma bei Widerstand zurückkrebste. Die Lehre aus dem Fall Horn TG: Es lohnt sich, überrissene Nachzahlungen und mutmassliche Abzocker-Pauschalverträge auf jeden Fall anzufechten. Der MV hilft dabei, und die Aussichten zu gewinnen sind gut.