24.01.2023
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Medienmitteilung

Neue Abbruchwelle zwingt den MV zu sechs Einsprachen

Mehrere Investoren zielen mit Abbruchgesuchen auf den bezahlbaren Wohnraum in Basel. Bedroht sind Häuser in mehreren Quartieren: im SBB-nahen Gundeli, im Neubad und im Bachletten, im Matthäus und auf dem Bruderholz. Wohnschutz, Klimaschutz und Baumschutz werden ignoriert. In einer Parforceleistung hat der MV Basel soeben sechs Einsprachen im Umfang von 153 Seiten erarbeitet und eingereicht.
Bild: Abbruchgefährdete Liegenschaft Breisacherstrasse 8:

Sie heissen «A-Tech Consulting AG», «Bahiba Group SA», «Parc Dale AG», «Wimag»  und  «Ulrich Stamm-Wohltätigkeitsstiftung AG». Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie wollen gut erhaltene Liegenschaften mit bezahlbarem Wohnraum abreissen, um die Terrains – vielfach Hinterhöfe – mit verdichteten Renditebauten zu überziehen, denen in mehreren Fällen auch noch imposante geschützte Bäume zum Opfer fallen sollen. Sämtliche sechs Abbruchprojekte wurden noch rasch vor Weihnachten eingereicht, die Einsprachefristen liefen folglich soeben jetzt im Januar ab.

Architekten und Baufachleute, die sich kritisch mit einzelnen Projekten befassen, sprechen von «diametral entgegen dem zukunftsfähigen Bauen», von «mangelhaft» und anderem.

 

Wohnschutz: Kein einziges Abbruchkriterium erfüllt

Eigentlich sind die Abbruchgesuche bereits im Vornhinein nicht bewilligungsfähig und müssten zurückgewiesen werden. Denn keines der Abbruchgesuche erwähnt das neue Recht auch nur im Ansatz, obwohl dies seit nunmehr acht Monaten (28. Mai 2022) in Kraft ist.

So wären die Abbrüche nach neuem Wohnschutzgesetz in Zeiten von Wohnungsnot nur aufgrund mehrerer Ausnahmebewilligungen möglich – die in keinem der sechs Fälle erfüllt sind:

1. So müsste es nachweislich unmöglich sein, den langjährigen Wohnraum mit standardisierten baulichen Massnahmen («das sanieren, was nooche-n-isch») zu sanieren.

2. Zudem müsste das neue Projekt ökologisch topp sein – blosse Wärmepumpen und Solarpanels reichen da gemäss Gesetz bei Weitem nicht.

3. Auch müsste, damit ausnahmsweise abgebrochen werden könnte, die Bilanz der Grauen Energie für einen Neubau und gegen eine Wohnungssanierung sprechen, was nach allgemeiner Auffassung kaum je der Fall sein dürfte.

4. Schliesslich müssten die neuen Wohnungen in derselben Kategorie verbleiben wie die bisherigen, was heisst, dass sie nach Grundriss, Grösse und Mietzins nur unwesentlich vom Jetzigen abweichen.

Wohnschutz, Klimaschutz und Baumschutz gehören zusammen

Auch die Klimagerechtigkeitsinitiative spielt bei den Rendite-orientierten Investoren keine Rolle, ebensowenig der Baumschutz. Dutzende gesunder und geschützter Bäume sollen den Rendite-Verdichtungs-Projekten zum Opfer fallen. Auch dies bemängeln die MV Basel-Einsprachen, da auch der Baumbestand Ausdruck der vom Wohnschutz geschützten Wohn- und Lebensverhältnisse ist.

Behördenfehler

Auch auf Behördenseite passt vieles nicht zusammen. Laut Gesetz ist die Wohnschutzkommission für das Verfahren zuständig und nicht das Bauinspektorat. Indes bestreitet dies die Regierung, weshalb der MV bis zur Klärung dieser Frage jedesmal von Anfang an Einsprache zu erheben hat.

Zudem müsste der MV Basel als Inhaber des Verbandsbeschwerderechts (VBR) über die Abbruchgesuche informiert werden und die Dossiers unaufgefordert erhalten. Stattdessen erfuhr er aus dem Kantonsblatt davon und hatte die dicken Dossiers beim Bauinspektorat selber zu kopieren.

 

Hält die Abbruchwelle an?

Bereits ist ein weiteres grosses Abbruchgesuch gestellt. Diesmal soll es bezahlbaren Wohnraum in Riehen treffen. Auch hier bereitet der MV Basel eine Einsprache über sein VBR vor.